19.12.2017
Schon der Firmenname macht die Spezialisierung klar: „STS“ steht für Stiegen, Treppen, Sonderteile aus Beton, der dafür in Schalungen eingebracht wird. STS-Firmengründer Johann Staudinger macht gemeinsam mit seinem Sohn Martin ein Geschäftsmodell aus dem 3D-Druck mit Beton. Unterstützung holt er sich dafür bei dem von Land OÖ und WKO finanzierten Technologie- und Innovations-Management (TIM). Dieses stellte den Kontakt zu Forschungspartnern her und ebnete den Weg für Förderungen. So übernimmt eine Entwicklungskoalition aus Österreich eine Vorreiterrolle im 3D-Betondruck.
Es war allerdings ein Architekt aus Wien, der vor zwei Jahren Johann Staudingers Interesse am Betondruck geweckt hat. „Er wollte eine Betontreppe, die dem Rückgrat eines Haifischs ähnelt, und hat davon ein Kunststoffmuster aus dem 3D-Drucker mitgebracht“, sagt Staudinger. „Da habe ich mir gedacht, so einen Druck sollten wir auch in Beton schaffen können.“ Eine Schalung für diese verwinkelte Treppe herzustellen, wäre ebenso unmöglich wie unfinanzierbar gewesen. Die Entscheidung, mit dem Betondruck zu experimentieren, machte Staudinger aber davon abhängig, ob im Team auch eine entsprechende Entschlossenheit dafür vorhanden sei. „Mein Sohn Martin hat den 3D-Druck mit Beton als Zukunftsthema gesehen und sich schließlich als Projektleiter mit großem Engagement in die Entwicklung gestürzt.“ Jetzt arbeitet ein fünfköpfiges STS-Team am Projekt.
TIM legt wichtige Schienen
„Ein zweiter wichtiger Schritt war die Entscheidung, Alois Keplinger von TIM zu kontaktieren“, betont Staudinger. Der mit Keplinger durchgeführte Projektcheck habe Klarheit bei wichtigen strategischen Fragen gebracht.
„Alois Keplinger hat uns nicht nur die Schienen zur Forschungseinrichtungen und Förderinstitutionen gelegt, sondern hat uns auch bei vielen Terminen persönlich begleitet.“
Neben der TU Graz, dem Bautechnischen Institut Linz (BTI) in Puchenau wurde auch das ACR – Austrian Cooperative Research, ein Dachverband für kooperative Forschungsinstitute, konsultiert. „Wenn sich mit STS ein in der gesamten Branche anerkannter Spezialist für komplexe Betonfertigteile diesem Zukunftsthema widmet, sind die Erfolgschancen natürlich entsprechend groß. Derartige Projekte zu beraten und bei der Suche nach Entwicklungsexperten sowie geeigneten Förderinstrumenten zu unterstützen, sind die Kernaufgaben von TIM“, betont Alois Keplinger.
„Gleichung mit vielen Unbekannten“
Für STS-Projektleiter Martin Staudinger war von Anfang an klar, dass die Entwicklung kein einfacher Weg werden würde. Immerhin sind weltweit viele Großunternehmen in ähnlichen Entwicklungsprojekten engagiert.
„Weil der 3D-Druck mit Beton eine Gleichung mit vielen Unbekannten ist, wussten wir von Beginn an, dass der Abgleich der Komponenten im Prozess eine wesentliche Herausforderung darstellt."
sagt Martin Staudinger. „Das bedeutet, dass die Komponenten, die technische Aufbereitung, das Material und die Maschine wie ein Orchester aufeinander abzustimmen sind.“
Betondruck mit 1km/h
Martin Staudinger räumt ein, dass viele Ziele neu formuliert und Prozesse angepasst werden mussten. Nach sehr umfangreicher Grundlagenforschung in den einzelnen Komponenten wurden zu Jahresbeginn 2017 die ersten Prototypen gedruckt. Rund 120.000 Euro hat STS in die Anschaffung eines Roboters samt Zubehör investiert. Ein Druckraum mit 3,2 m Radius steht damit zur Verfügung. Mit einer Druckgeschwindigkeit von 20cm/sek, einer Bahnbreite von 12 mm und einer Höhe von 8 mm können innerhalb weniger Minuten kleinere Bauteile hergestellt werden. „Bei einer Säule mit 25 cm Durchmesser wird also alle vier Sekunden eine neue Betonbahn gedruckt“, präzisiert Martin Staudinger. Weil das einen schnell härtenden Beton braucht, der dennoch wenig Viskosität hat, arbeitet STS intensiv mit Baumit zusammen.
Rund 300.000 Euro Entwicklungskosten
In rund 1,5 Stunden fertigt der STS Betondrucker also einen jener Buchstaben, die vor der Bauakademie stehen. Die größte Herausforderung dabei ist die Produktion jener abschließenden Bahnen, die den innen hohlen Buchstaben oben verschließen. Auskunft darüber, wie das gelingt, gibt Martin Staudinger zwar nicht, ist mit dem Erreichten aber sehr zufrieden. „Immer wieder bin ich stolz, zu sehen, was mein Team an Form und Struktur bereits liefert“, sagt Martin Staudinger. Über 200.000 Euro hat STS bis jetzt aus eigener Kraft in die Entwicklung investiert. Dazu kommen Förderungen der öffentlichen Hand.
3D-Druck befeuert Individualität
Derzeit produziert STS gerade nach den Entwürfen einer Künstlerin eine Skulptur. Diese zwei Meter hohe Gedenkstätte wird in fünf Einzelteilen gedruckt und anschließend zusammengesetzt. In Skulpturen sowie kreativen Bau-und Wohnelementen für Gärten und Innenräume, die keine statischen Funktionen übernehmen, sieht STS derzeit auch das Geschäftsfeld für den 3D-Druck. Viele dieser extrem komplexen Sonderanfertigungen können wir schon jetzt zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten“, sagt Martin Staudinger. „Allerdings stehen wir noch immer am Anfang unserer Entwicklung.“ In der Produktion von Häusern mittels 3D-Druck sieht Firmenchef Johann Staudinger für sein 50-Mitarbeiter-Unternehmen mittelfristig keine wirtschaftlich sinnvolle Perspektive.
„Für uns gilt es, für Architekten, Innenarchitekten, Künstler und Gestalter neue Perspektiven und Möglichkeiten für individuelle Lösungen anzubieten“,
skizziert Staudinger die Strategie.
Über TIM –Technologie- und Innovations-Management
TIM ist die neutrale Technologieberatungsinitiative des Landes OÖ sowie der WKO Oberösterreich und wird von der oö. Wirtschaftsagentur Business Upper Austria und der WKO Oberösterreich seit dem Jahr 2000 angeboten. Die TIM-Berater sind Begleiter, Vermittler und Partner von KMU bei der Umsetzung ihrer F&E-Projekte. Im Mittelpunkt stehen eine umfangreiche, kostenlose Beratung und Begleitung bei technischen Entwicklungsprojekten oberösterreichischer Unternehmen. Das reicht von der Ideenphase bis hin zur Umsetzung im Betrieb. Dabei suchen die TIM-Berater die geeigneten ExpertInnen in Forschungseinrichtungen und überprüfen das geplante Projekt auf Übereinstimmung mit relevanten Technologietransferförderungen bzw. -finanzierungen. Darüber hinaus recherchieren sie projektbezogen den Stand der Technik und erstellen einen Status Quo für das Unternehmen.
Bis dato wurden rund 1.000 Projekte unterstützt und erfolgreich abgeschlossen. Durch Kooperationen wurden mehr als 10 Mio. Euro durch oberösterreichische Unternehmen für Leistungen bei Forschungseinrichtungen beauftragt. Ein Mehrfaches dieses Betrages wendeten die Unternehmen selbst für interne F&E-Ausgaben auf. TIM trägt somit aktiv zur Erhöhung der oberösterreichischen F&E-Quote bei. www.tim.at
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